Mais zur industriellen Nutzung - eine umweltschonende Alternative?
Überall in unserem täglichen Leben begegnen wir Mais, doch nicht immer können wir diesen noch als solchen erkennen. Kosmetische und pharmazeutische Produkte, Papier, Kunststoffe, Dämmmaterial oder Textilien sind nur einige Beispiele für Produkte, die mit Hilfe von Mais hergestellt werden. Wen wundert es da, dass unsere Zahnbürste aus Biokunststoff produziert wurde und in Zahnpasta Maisstärke enthalten ist?
Nachwachsende Rohstoffe anstelle fossiler Ressourcen
Lange Zeit hat unsere Wirtschaft sehr einseitig auf die Nutzung fossiler Ressourcen gesetzt. Zunehmend wächst aber die Erkenntnis, dass diese Rohstoffquellen begrenzt sind und – etwa bei der Nutzung von Kohle, Erdöl und Erdgas – klimawirksames CO₂ freisetzen, das zuvor über Jahrmillionen in den Lagerstätten gebunden und damit unschädlich war. In dem Maß, in dem die Nutzung von fossilen Ressourcen durch die Verwendung umweltschonend erzeugter erneuerbarer Rohstoffe ersetzt wird, sind also wichtige Beiträge zum Klimaschutz möglich.Neben Silomais als hoch energiereichem Gärsubstrat zur Erzeugung von Strom und Wärme aus Biogasanlagen hat auch Körnermais ein großes Potenzial: In zahllosen Produkten des täglichen Lebens steckt bereits Mais – beziehungsweise stecken Inhaltsstoffe, die aus den Maiskörnern gewonnen werden. Jedes Korn besteht zu rund 70 % aus Stärke, zu 10 % aus Eiweiß und zu 5 % aus Fett. Darüber hinaus sind noch Wasser, Fasern, Zucker, Vitamine und Mineralstoffe enthalten. Der hohe Stärkegehalt wird nicht nur von der Ernährungsindustrie geschätzt; rund 25 % der in Deutschland beispielsweise bei der Herstellung von Papier, Pappe, Pharmazeutika, Textilien, Chemieprodukten oder Kunststoffen verwendeten Stärke wird aus Körnermais gewonnen (neben Kartoffel- oder Getreidestärke).
VDGS (2014) Zahlen und Daten zur deutschen Stärke-Industrie
Über einige Umwandlungsschritte wird aus Maisstärke Polymilchsäure erzeugt, die für die Herstellung von Kunststoffen mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften genutzt wird. Der besondere Charme dieser Produktionsline liegt darin, dass der Rohstoff Mais nicht nur jedes Jahr nachwächst, sondern die daraus erzeugten Produkte auch biologisch abbaubar und so vollständig kompostierbar sein können.
Umweltschonend auch zum Ende der Nutzungsdauer
Biologisch abbaubarer Kunststoff ist nur ein Beispiel, das das Potenzial nachwachsender Rohstoffe auf Maisbasis für die vielen Einsatzbereiche verdeutlicht. Auch kompostierbare Verpackungschips, Textilien, Matratzen oder moderne Dämmstoffe machen mehr Umweltschutz möglich. So eröffnet die Wärmedämmung von Wohngebäuden derzeit ein weiteres großes Nutzungsfeld: Während bislang beispielsweise in den - an sich schon umweltfreundlichen - Dämmplatten aus dem nachwachsenden Rohstoff Hanf Stützfasern aus Polyester zur Stabilisierung genutzt wurden, steht jetzt ein Produkt zur Verfügung, das aus der Stärke im Maiskorn erzeugt wird und ebenso wie der Hanf selbst vollständig biologisch abbaubar ist.Mit dem Rohstoff Mais und den daraus hergestellten Erzeugnissen lassen sich also Produktlebenszyklen verwirklichen, die eine echte Alternative zu der Nutzung fossiler Ressourcen darstellen.
Ethische Grenzen?
Bei den vielfältigen Möglichkeiten, die Mais als Rohstoffbasis bietet, stellt sich unweigerlich die Frage nach den ethischen Grenzen. Dabei ist auch die Diskussion um „Teller oder Tank“ nicht neu. Aber natürlich ist die Frage statthaft, ob landwirtschaftliche Nutzflächen für den Anbau nachwachsender Rohstoffe genutzt oder pflanzliche Lebensmittel sogar einer anderen Verwertung als dem menschlichen Verzehr zugeführt werden dürfen.Darauf gibt es wohl keine „immer richtige“ Antwort. Jeder muss für sich selbst entscheiden, ob er eine solche Verwendung befürwortet oder nicht. Wann immer diese Frage aber aufkommt, sollte eines nicht vergessen werden: Rohstoffe vom Acker nutzt die Menschheit schon seit jeher auch für andere Zwecke: Beispiele sind etwa Baumwolle als Ausgangsstoff für Kleidung, Tabak als Genussmittel, Lein als Faserlieferant, Färberwaid als Basis für die Farbe Indigoblau und erst recht der Hafer, der vor der Mechanisierung der Landwirtschaft auf rund einem Drittel der Nutzfläche als „Kraftstoff für den Hafermotor“, d. h. als Futter für das Zugtier Pferd, angebaut wurde. Der Anbau von Pflanzen für Nicht-Nahrungszwecke ist also keine Erfindung unserer Tage.
European Bioplastics (2016) Land use
Pressemeldung Bundesregierung (2014) Biorohstoffe auf Wachstumskurs
Nachwachsender Rohstoff – Fachbeiträge
Wussten Sie schon?
Es wurden bereits mindestens 500 unterschiedlichste unter Verwendung von Mais hergestellte Produkte gezählt. Maisstärke findet sich beispielsweise in Kunststoffen, Papier und Pappe, Klebstoffen, Verpackungs- und Dämmmaterialien, Pharmazeutika, Kosmetikartikeln, Brennstoffen sowie Schleif- und Poliermitteln wieder.
In mehreren europäischen Staaten ist die Verwendung von Plastiktüten aus fossilen Rohstoffen inzwischen verboten. Und tatsächlich: Rund 85 % des heute verwendeten Plastiks aus fossilen Ressourcen könnten nach derzeitiger Kenntnis durch Kunststoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe ersetzt werden. Allerdings: Ob die Erzeugnisse dann biologisch abbaubar sind, hängt nicht von dem Ausgangsmaterial ab, sondern von der chemischen Struktur des einzelnen Produkts.
Aus der Ernte von einem Hektar Ackerfläche lassen sich je nach verwendeter Pflanzenart und dem Endprodukt durchschnittlich 2 bis 4 Tonnen Biokunststoff produzieren.
MAISFAKTEN im Überblick
- Wie viel Pflanzenschutz braucht der Mais?
- „Verbraucht“ Mais viel Wasser?
- Mais zur industriellen Nutzung - eine umweltschonende Alternative?
- Benötigt Mais viel Stickstoff?
- Verschlechtert Mais die Klimabilanz?
- Verringert Mais die Biodiversität?
- Maisfelder als Lebensraum für die Vogelwelt
- Wie viel Mais verträgt unsere Land(wirt)schaft?
- Zehrt Maisanbau an den Humusvorräten?
- Mehr Mais - mehr Erosion - Stimmt das?
- Mais für Biogas - Treiber für steigende Pachtpreise?
- Mais für Biogas - Treiber für steigende Lebensmittelpreise?
- Maisanbau und Gewässerschutz – (k)ein Problem?
- Mehr Mais, also auch mehr Wildschweine?